Von Pauschalen bis Nutzungsrechten
Ein Blick in die Praxis der Kreativen

Wie rechnen Kreative ihre Leistungen ab, welche Rolle spielen Abstandshonorare bei Pitches und wie werden Nutzungsrechte tatsächlich in der Praxis gehandhabt? Antworten darauf liefert die aktuelle Branchenumfrage der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation. Wer glaubt, hier herrsche völlige Klarheit, wird von den Resultaten überrascht.
Mehr als 350 Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer sowie Kundinnen und Kunden gaben bei der Branchenumfrage Einblick in ihre gelebte Praxis. Heraus kam ein aufschlussreiches Stimmungsbild der Branche.
Verrechnungsmodelle: Klassik trifft auf Pauschale
Bei den Verrechnungsmodellen dominiert klar die klassische Abrechnung nach Angebot und Auftragsbestätigung. 83,2 Prozent der befragten Kreativbetriebe setzen zumindest manchmal auf dieses Modell, auf Auftraggeberseite sind es sogar 85,6 Prozent. Damit bleibt die bewährte Kalkulation das Fundament der Zusammenarbeit.
Daneben gewinnen Pauschalen deutlich an Gewicht: 74,5 Prozent der Agenturen und 72,6 Prozent der Auftraggeberinnen und Auftraggeber greifen regelmäßig auf Projektpauschalen zurück. Diese Modelle bieten Planungssicherheit, erfordern aber eine sehr genaue Definition des Leistungsumfangs. Das Leistungshonorar nach Stundenaufwand ohne vorheriges Angebot ist ebenfalls weit verbreitet. 67,8 Prozent der Kreativen und 64,9 Prozent der Kundinnen und Kunden nutzen diese Variante zumindest gelegentlich. Flexible Verrechnungen für zusätzliche Leistungen sind damit in der Praxis fast ebenso üblich wie fixe Vereinbarungen. Erfolgsabhängige Honorare oder Prozentuale Beteiligungen bleiben hingegen die Ausnahme. Nur knapp 20 Prozent setzen auf solche Modelle.
Abstandshonorare: Wunsch und Wirklichkeit
Ein viel diskutierter Fall in der Werbebranche war der Pitch rund um die Weihnachtskampagne von A1. Nach Medienberichten kam dabei ein sogenanntes Speed-Dating-Verfahren zum Einsatz: Mehrere Agenturen sollen zu Kurzpräsentationen eingeladen worden sein, die offenbar unentgeltlich erfolgten. In einer zweiten Runde seien drei bis fünf Agenturen aufgefordert worden, vertiefende Konzepte auszuarbeiten. Für jene, die den Zuschlag nicht erhielten, war dem Vernehmen nach ein Abstandshonorar vorgesehen. A1 erklärte dazu, man habe mit dem Format neue kreative Impulse setzen und auch kleineren Agenturen eine Chance eröffnen wollen. In der Branche sorgte das Verfahren jedenfalls für helle Aufregung.
Alles rund um Abstandshonorare ist also ein sensibles Thema. Was die Branchenumfrage deutlich zeigt: dass sie in der Realität tatsächlich selten sind. 63,1 Prozent der Kreativbetriebe geben an, niemals ein Abstandshonorar zu verrechnen. Auf Kundenseite liegt der Wert mit 66,8 Prozent sogar noch höher! Nur eine kleine Minderheit fordert oder bezahlt regelmäßig eine Abgeltung. Dort, wo Abstandshonorare vereinbart werden, bewegen sich die Summen meist in einem überschaubaren Rahmen. Der Median liegt bei 300 Euro auf Auftragnehmerseite, Auftraggeberinnen und Auftraggeber nennen als Erfahrungswerte zwischen 150 und 500 Euro. Die Zahlen zeigen: Abstandshonorare werden in der Praxis nur in Ausnahmefällen gezahlt. Damit bleibt das Thema ein Symbol für faire Wettbewerbsbedingungen, hat aber im Alltag wenig Gewicht.
Nutzungsrechte: Pauschalen dominieren
Auch beim Umgang mit Nutzungsrechten herrscht Pragmatismus. Die Mehrheit der Kreativen kalkuliert die Rechte pauschal in den Gesamtpreis ein. 65,8 Prozent der Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer und 57,2 Prozent der Kundinnen und Kunden nannten dieses Modell. Differenzierte Berechnungen nach zeitlichen, inhaltlichen oder räumlichen Nutzungsfaktoren spielen mit 35,6 Prozent bzw. 29,8 Prozent eine deutlich kleinere Rolle. Modelle nach Auflage oder Umsatz sind mit rund 25 Prozent noch seltener.
Brancheninterne Tools wie der BDG-Honorarrechner oder die Berechnungshilfe von Design Austria kommen kaum zum Einsatz. Sie werden jeweils von weniger als 20 Prozent genutzt. In der täglichen Praxis dominiert also die einfache Pauschale, während komplexere und rechtlich präzisere Kalkulationsmodelle nur in Ausnahmefällen angewandt werden.











